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Forderungen der Hirschfeld-Eddy-Stiftung zur Bundestagswahl 2025

🆕 Zehn Forderungen der Hirschfeld-Eddy-Stiftung zu den Bundestagswahlen 2025

Zehn Forderungen der Hirschfeld-Eddy-Stiftung zu den Bundestagswahlen 2025 

In einer Welt, in der queere Menschen nach wie vor Diskriminierung, Verfolgung und Gewalt ausgesetzt sind, fordert die Hirschfeld-Eddy-Stiftung, dass sich die kommende Bundesregierung und die demokratischen Parteien klar zu einem menschenrechtsbasierten Ansatz in der Außenpolitik und der Entwicklungszusammenarbeit bekennen. Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie weitere queere Menschen (LSBTIQ*) waren lange eine kriminalisierte und ausgegrenzte Minderheit in Deutschland. Aus Verantwortung für die eigene leidvolle Geschichte muss Deutschland eine starke Stimme für die Durchsetzung der Menschenrechte für LSBTIQ* sein.  

Wir erleben national und international Angriffe auf die demokratischen Grundordnungen. Besonders davon betroffen sind Minderheiten wie die LSBTIQ* Community. Deshalb ist die kommende Bundestagswahl eine Richtungsentscheidung. Es geht um die Verteidigung unserer Demokratie. Wir fordern alle demokratischen Parteien dazu auf, sich nicht durch Populismus und extremistische Stimmung beeinflussen zu lassen. LSBTIQ*-Rechte sind Menschenrechte und stehen nicht zur Disposition. Dies gilt für die nationale Politik aber auch für die Verantwortung Deutschlands in der Welt. Deshalb muss Deutschland in seiner auswärtigen Politik und der Entwicklungszusammenarbeit die Menschenrechte verteidigen und stärken.  

Die Forderungen der Hirschfeld-Eddy-Stiftung im Einzelnen: 

1. LSBTIQ*-Communitys im Ausland unterstützen 

Mindestens 0,5 % der Gelder in der bilateralen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit müssen in LSBTIQ*-spezifische Projekte fließen. Damit muss Deutschland seiner menschenrechtlichen Verantwortung und Rolle in der Welt gerecht werden und Anschluss an andere Geberländer finden. 

2. LSBTIQ*-Sonderbeauftragte 

Die Bundesregierung muss dem Beispiel Frankreichs oder Großbritanniens folgen und eine*n Sonderbeauftragte*n für LSBTIQ* und Menschenrechte im Auswärtigen Amt ernennen.  

3. Engagement in der Equal Rights Coalition  

Das Engagement Deutschlands im Rahmen der Equal Rights Coalition (ERC) muss fortgesetzt werden. Es zielt auf die Stärkung des internationalen Menschenrechtsschutzes von LSBTIQ* sowie den Abbau von Gewalt und Diskriminierung. Die ERC muss mit den nötigen Mitteln ausgestattet, ihre Struktur gestärkt und nachhaltig abgesichert werden. 

4. Engere Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in Partnerländern 

Deutschland muss sicherstellen, dass die Zivilgesellschaft in den Partnerländern aktiv und umfassend in alle Phasen der Projektförderung eingebunden wird – vor, während und nach der Projektumsetzung. Dies ist essenziell, um Projekte effektiv und nachhaltig zu gestalten. 

  • Do-no-harm-Prinzip: Alle Maßnahmen müssen nach dem Do-no-harm-Prinzip gestaltet werden, um sicherzustellen, dass keine unbeabsichtigten, negativen Auswirkungen auf queere Communitys entstehen. 
  • Stärkung lokaler Akteur*innen: Die Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen vor Ort sollte auf Kapazitätsaufbau und Nachhaltigkeit abzielen. Besonders kleinere LSBTIQ*-Organisationen benötigen niedrigstufigen und bürokratiefreien Zugang zu direkter Förderung, um ihre Arbeit effektiv umsetzen zu können.  
  • Einbindung deutscher NGOs: Hiesige Organisationen dürfen von der Antragstellung nicht ausgeschlossen werden. Durch ihre Expertise können sie lokale LSBTIQ*-Organisationen bei der Antragstellung unterstützen. Zivilgesellschaftliche Partnerschaften müssen gestärkt werden. 

 

5. Absicherung des LSBTI-Inklusionskonzepts 

Das LSBTI-Inklusionskonzept der Bundesregierung für die auswärtige Politik und Entwicklungszusammenarbeit muss langfristig strategisch und finanziell abgesichert und im Rahmen der menschenrechtsbasierten Außen- und Entwicklungspolitik verankert werden. 

  • Umsetzungsvorhaben: Ein konkreter Umsetzungsplan für das Inklusionskonzept muss entwickelt und mit entsprechenden Geldern ausgestattet werden. 
  • Verankerung in allen Ministerien: Das Konzept sollte in allen relevanten Ministerien bekannt sein und als Querschnittsaufgabe verankert werden. 
  • Bereitstellung von Haushaltsmitteln: Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass ausreichend finanzielle Mittel für die Umsetzung der im Konzept formulierten Maßnahmen bereitgestellt werden. 
  • Schulungen und Sensibilisierung: Mitarbeitende in der Außen- und Entwicklungspolitik müssen umfassend zu den spezifischen Herausforderungen und Bedürfnissen von LSBTIQ* Personen geschult werden. 

 

6. Weiterführung des Aktionsplans “Queer leben” 

Den Aktionsplan für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt hat die LSBTIQ*-Zivilgesellschaft lange gefordert. Dieses Versprechen hat die letzte Bundesregierung eingelöst und damit die Queerpolitik wesentlich vorangebracht. Jetzt müssen die entstandenen Empfehlungen und Handlungspläne langfristig abgesichert und als Querschnittsaufgabe aller Bundesressorts mit finanziellen Mitteln hinterlegt werden. Das gilt auch für die Empfehlungen der AG Internationales. 

 

7. Reform der Förderregularien des BMZ 

Die derzeitigen Regularien des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) behindern kleinere Organisationen erheblich, insbesondere LSBTIQ*-Organisationen. 

  • Bürokratische Hürden abbauen: Die Anforderungen für die Beantragung von Fördermitteln und die Durchführung von Projekten sowie die Höhe der Eigenanteile müssen reformiert werden, um den Zugang für kleine Organisationen zu erleichtern. 
  • Zugang für LSBTIQ*-Organisationen: Viele LSBTIQ*-Organisationen im globalen Süden können sich aufgrund von Kriminalisierung und Shrinking Spaces nicht registrieren lassen. Das BMZ sollte flexible Strukturen schaffen, um dennoch Unterstützung zu ermöglichen. 

 

8. Keine Beteiligung an Verfolgung und Stigmatisierung 

Deutschland muss sicherstellen, dass staatlich finanzierte Entwicklungszusammenarbeit keine Organisationen unterstützt, die an der Verfolgung oder Stigmatisierung von LSBTIQ*-Personen beteiligt sind. 

  • Qualitätskontrollen: Alle Durchführungsorganisationen und Empfänger*innen von öffentlichen Mitteln müssen umfassend geprüft werden, um sicherzustellen, dass sie den Menschenrechtsstandards entsprechen. 
  • Keine Toleranz für Diskriminierung: Jegliche Zusammenarbeit mit Organisationen, die queerfeindliche Agenden verfolgen, muss ausgeschlossen werden. 

 

9. Kritische Reflexion der Missions- und Kolonialgeschichte 

Eine kritische Auseinandersetzung mit der Missions- und Kolonialgeschichte ist notwendig, um historische Verantwortungen anzuerkennen und menschenrechtsbasierte Ansätze in der Außenpolitik zu fördern. 

  • Historische Perspektiven einbeziehen: Lokale Geschichte, Lebensberichte und Traditionen von LSBTIQ* Personen müssen als wesentliche Aspekte in der Planung und Umsetzung von Projekten berücksichtigt werden. 
  • Dekoloniale Ansätze fördern: Deutschland muss mit seiner feministischen Außen- und Entwicklungspolitik eine dekoloniale und intersektionale Perspektive weiter stärken. 

 

10. Schaffung eines speziellen Fonds für kleine LSBTIQ*-Organisationen 

Ein zentraler Bestandteil der Förderung muss ein Fonds sein, der sich explizit an kleine, lokale LSBTIQ*-Organisationen richtet. 

  • Niedrigschwelliger Zugang zur Förderung: Diese Organisationen sind besonders vulnerabel und spielen eine entscheidende Rolle in der Menschenrechtsarbeit vor Ort. Der Fonds sollte ihnen einen leichten und unbürokratischen Zugang zu finanziellen Ressourcen ermöglichen. 
  • Flexibilität: Die Förderbedingungen müssen an die spezifischen Herausforderungen angepasst werden, mit denen LSBTIQ*-Organisationen in Verfolgerstaaten konfrontiert sind. 
  • Langfristige Perspektive: Die Unterstützung muss langfristig angelegt sein, um nachhaltige Veränderungen zu bewirken. 
  • Zielgruppenorientierte Ansätze: Projekte müssen spezifisch auf die Bedürfnisse von LSBTIQ* Personen ausgerichtet sein, vor allem von trans* und inter* Personen sowie lesbischen Frauen. 
  • Mehrwert durch Kooperationen schaffen: Durch die Einbindung deutscher NGO’s können Kontakte und Erfahrungen in der internationalen LSBTIQ*-Menschenrechtsarbeit genutzt, Hemmschwellen bei lokalen Organisationen abgebaut und langfristige Kooperationen, auch über die konkrete Förderung hinaus, geschaffen werden.  

Diese Forderungen müssen von den Parteien unterstützt, im Koalitionsvertrag verankert und dann in der Regierungsarbeit umgesetzt werden. Nur durch ein verbindliches Engagement und eine konsequente Umsetzung kann Deutschland eine verantwortungsvolle und führende Rolle im internationalen Einsatz für die Rechte von LSBTIQ*-Personen übernehmen, um diese Rechte nachhaltig zu stärken.